Kleine Schritte statt Quantensprünge

Landesverband Erneuerbare Energien NRWWährend die Herausforderungen des Klimaschutzes immer drängender werden, verständigt sich die Große Koalition auf moderate Schritte zur Energiewende. Zentrale Reformen im Energiemarkt lassen weiter auf sich warten. Kürzungen bei der Photovoltaik schaffen neue Hürden für dynamischen Solar-Ausbau in NRW.

Düsseldorf, 30. November 2018 – Die Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD haben heute im Bundestag das Energiesammelgesetz beschlossen. Aus Sicht des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) enthält das Gesetzespaket einige begrüßenswerte Maßnahmen. Grundlegende Fragen der Energiewende bleiben aber weiter unbearbeitet: „Gerade erst hat die UN-Umweltorganisation bekannt gegeben, dass zum Erreichen der Pariser Klimaschutzziele die Anstrengungen gegen die Erderwärmung verdreifacht werden müssten. Kurz danach beschließt die Regierungskoalition in Berlin ein Energiepaket, das zentrale Entscheidungen und langfristig wirksame Maßnahmen zum Erreichen der bundesweiten Energie- und Klimaziele unberücksichtigt lässt. Wichtige Weichenstellungen für eine erfolgreichen Wandel der Energieversorgung werden leider erneut vertagt“, so LEE-Geschäftsführer Jan Dobertin.

Positiv am Gesetzespaket sind aus Sicht des LEE NRW vor allem die Festlegung der geplanten Sonderausschreibung für die Wind und Solarenergie. Auch die Einführung der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen sei als wichtige Akzeptanzmaßnahme gegen das nächtliche Blinken grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings müssten jetzt auch schnell die Voraussetzungen für den Einsatz kostengünstiger Systeme jenseits von Radarlösungen geschaffen werden. Nur so könnten gerade kleinere neue Windparks und auch viele tausend bestehende Anlagen wirtschaftlich vertretbar nachgerüstet werden.

Auf der Liste der vielen unbearbeiteten Baustellen sieht der LEE NRW vor allem ein fehlendes Zeit- und Mengengerüst für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030. Dies sei zum Erreichen der Klimaziele 2030 und als sichere Planungsgrundlage für die Branche von zentraler Bedeutung. Auch Ansätze zu einer effektiven CO2-Bepreisung sowie eine Reform des Abgabe- und Umlagesystems lasse das Gesetzespaket vermissen. Dabei wären diese Maßnahmen zentrale Grundlage für einen fairen klimagerechten Marktrahmen im Energiesektor.

Besondere Kritik erntet die beschlossene, außerplanmäßige Kürzung bei der Photovoltaik: „Auch wenn die Kürzungen jetzt moderater ausfallen, als ursprünglich geplant: Das gerade erst wieder gewachsene Verbrauchervertrauen in die Solarenergie wird damit erneut auf eine harte Probe gestellt. Stattdessen braucht es aber deutschlandweit und gerade in NRW einen massiven Schub für die klimafreundliche Solarenergie“, so Jan Dobertin.

Nach den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung sollten ab 1. Januar 2019 außerplanmäßige Sonderkürzungen von bis zu 20 Prozent bei der Photovoltaik greifen. Die Regierungsfraktionen haben sich jetzt darauf verständigt, dass die Kürzungen gestaffelt ab 1. Februar 2019 bis 1. April 2019 eingeführt werden und nur rund die Hälfte betragen sollen. Der Förderdeckel für Photovoltaik bei 52 Gigawatt soll erst im Jahr 2019 überprüft werden. Der Bundesrat hatte sich, auch unter Einsatz der nordrhein-westfälischen Landesregierung, in den vergangenen Tagen für moderatere Einschnitte bei der Photovoltaik stark gemacht.

Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW)

Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen von 170 Mitgliedern aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2050 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.

Quelle: LEE NRW e.V., 30.11.2018
www.lee-nrw.de

 

vgl. Windenergie ausbauen, Akzeptanz sichern

s. Leichte Nachbesserungen im Änderungsantrag zum Energiesammelgesetz

s. Solardeckel überschattet Sonderauktionen

vgl. Union und SPD einig: Photovoltaik-Sonderkürzungen etwas später und weniger hoch

vgl. Bundesrat kritisiert geplante Photovoltaik-Sonderkürzung

s. Wie das Energiesammelgesetz die Energiewende abwürgt

vgl. Ausbaupfade mit Erneuerbaren Energien in Einklang bringen

s. Wie das Energiesammelgesetz die Energiewende abwürgt

Hintergrund:

s. Neue ehrgeizige Ziele für Energieeffizienz und erneuerbare Energien

vgl. Gemeinsame Pressemitteilung BSW-Solar und BWE: Solar- & Windenergie: Miteinander statt Gegeneinander erforderlich

s. BWE legt Sofortmaßnahmen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags im Bereich Windenergie vor

vgl. Solaranlagen sind 2018 noch lukrativer geworden

s. Energiesammelgesetz: Pressestatement zum Kabinettsbeschluss

s. Zielverfehlung beim Ausbau der Windenergie gefährdet Energiewendeziele und internationale Wettbewerbsfähigkeit

s. Ausbauzahlen für das erste Halbjahr 2017 in Deutschland – Windenergie an Land: Starker Ausbau im Übergang, deutliche Risiken in 2018/19

s. Statement von Dr. Simone Peter, BEE-Präsidentin, zu den heute im Bundesrat diskutierten Initiativen aus NRW und Brandenburg

vgl. Historische Trendwende im EEG: Marktprämie bei null Cent

vgl. Wirtschaft entfesseln, Windenergie verhindern

auch Begeisterung für die Windenergie auffrischen – Politik unterstützen

s. Windenergieausbau nicht ersticken – Privilegierung von Windenergieanlagen im Planungsrecht wichtig für Klimaschutz und Strukturwandel

s. Pro Energiewende – Nein zur Photovoltaik-Kürzung zum 01.01.2019