Lage der Branche spitzt sich zu: Investitionsstau in Milliardenhöhe durch fehlende Planungssicherheit

Expansion of onshore wind energy in Germany in the first half of 2016100 Tage Jamaika aus Sicht der Windenergie-Branche. Der Bundesverband WindEnergie e. V. Landesverband Schleswig-Holstein zieht nach den ersten 100 Tagen der neuen Landesregierung Bilanz: „Die neue Landesregierung hat sich zu den Klimazielen der Bundesregierung bekannt und ebenso das Ausbauziel von 10 GW erneuerbarer Energie bis 2025 in den Koalitionsvertrag aufgenommen – aktuell herrscht beim Genehmigungsverfahren zukünftiger Anlagen jedoch Stillstand“, kritisiert Reinhard Christiansen, Vorstand des Landesverbandes.

„Potentielle Betreiber von 693 Windenergie-Anlagen warten auf eine Ausnahmegenehmigung, das entspricht einer Leistung von 2.107 Megawatt die wir dringend brauchen, um das Klimaziel von Paris zu erreichen“, erläutert Christiansen. Im Jahr 2016 wurden 284 Anlagen auf unstrittigen Flächen mit Ausnahmen genehmigt, 2017 sind es bisher nur knapp 50. Dabei handelt es sich zurzeit um die günstigste Klimaschutztechnologie am Markt.

„Damit liegen rund drei Milliarden Euro Investitionen auf Eis, Investitionen die dem Land verloren gehen. Unstrittige Anträge müssen schnellstmöglich Ausnahmegenehmigungen erhalten“, fordert der Vorstand. Insbesondere der Mittelstand kann sich diesen Investitionsverlust nicht leisten. „Außerdem brauchen wir endlich rechtskräftige Regionalpläne,“ stellt Christiansen fest. Aus Sicht des Verbandes erschweren die regionalen Probleme eine Teilnahme am neuen bundesweiten Ausschreibungssystem, denn ab 2018 ist eine Teilnahme ohne Genehmigung nicht mehr möglich. Der Verband befürchtet daher einen Fadenriss beim Ausbau.

Dabei werden nach Ansicht der Windenergie-Fachleute jetzt die Weichen für die kommenden Jahre gestellt. „Wir als Branche stehen bereit für den nächsten Schritt der Energiewende, für die Nutzung der Windenergie in den Bereichen Wärme und Mobilität“, so Christiansen. Dabei betonte der Landesvorsitzende, dass nicht die ersten 100 Tage der neuen Landesregierung von besonderer Bedeutung sind, sondern die kommenden 1.000 Tage. „Am Ende der 1.000 Tage sollte Schleswig-Holstein so aufgestellt sein, dass die Akteure der Erneuerbaren Energien wieder Planungssicherheit für Investitionen haben. Unser Land muss wieder Vorreiter sein und beispielgebend in allen Energiebereichen und unsere Bürger sollten direkt von grüner Energie vor Ort profitieren“, bilanziert Reinhard Christiansen.

Hintergrund: Der Landesverband WindEnergie Schleswig-Holstein (BWE SH) hat 5.000 Mitglieder, überwiegend Bürgerwindparks mit etwa 15.000 Kommanditisten. Die 3.581 Windkraftanlagen des Bundeslandes haben eine installierte Leistung von knapp 6 Gigawatt.  Das entspricht der Leistung von mehr als fünf durchschnittlichen Atomkraftwerken. Die Mitglieder des BWE S-H haben maßgeblich dazu beigetragen, dass das Land seinen Strombedarf mittlerweile  vollständig aus erneuerbaren Energien decken kann. An der Windenergiebranche hängen allein in Schleswig-Holstein mehr als 12.000 direkte Arbeitsplätze und ein Gewerbesteueraufkommen von jährlich rund 60 Millionen Euro. Diese Steuern kommen zum Großteil vergleichsweise strukturschwachen Regionen zugute.

Quelle: Bundesverband WindEnergie e.V., 4.10.2017
www.wind-energie.de