Windbranche in Schleswig-Holstein: Druck von zwei Seiten

Windmüller zwischen Ausbau-Moratorium des Landes und neuem EEG

HUSUM – Obwohl allein in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr rund 350 Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 1,5 Gigawatt neu gebaut wurden, treiben Zukunftssorgen die Planer und Betreiber von Windparks im Norden um. Das zeigte sich während der 8. Mitgliederversammlung des Branchenclusters windcomm schleswig-holstein e. V. im Husumer NordseeCongressCentrum. Ab dem kommenden Jahr soll die Vergütung für Strom aus Windkraft über Ausschreibungen geregelt werden, doch die genauen Bedingungen sind noch unklar: Werden kleinere Projekte mit bis zu 6 Anlagen von den Ausschreibungen ausgenommen (De-Minimis-Regelung)? Wird die Vergütung an windschwachen Standorten durch ein Rechenmodell (Referenzertragsmodell) höher sein als an der Küste, sodass sich dort der Bau neuer Windkraftanlagen eher lohnt als am windhöffigen und damit kosteneffizienterem Küstenstandort?

„Wir fürchten nicht den Markt, sondern die Politik“, sagte Hauke Großer von der Arge Netz, einer Erzeuger- und Vermarktungsgesellschaft für erneuerbare Energie. „Hier im Norden können wir Windstrom schon jetzt zu marktfähigen Preisen produzieren. Es darf nicht sein, dass man einerseits mehr Marktaktivität verlangt, andererseits aus politischen Gründen grüne Energie aus Süddeutschland stärker fördert und den schleswig-holsteinischen Windstrom benachteiligt. Er kann hier im Vergleich zum gesamten Bundesgebiet am günstigsten produziert werden!“ Auf die Feinheiten des Paragrafen 18 a im Landesplanungsgesetz ging Dr. Jürgen Punke von der Anwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei Take Maracke & Partner aus Kiel ein. Die schleswig-holsteinische Landesregierung hatte mit diesem Paragrafen im vergangenen Jahr, nachdem die Windenergie-Regionalpläne durch ein Verwaltungsgerichtsurteil gekippt worden waren, die Genehmigung für neue Windkraftanlagen so lange auf Ausnahmen reduziert, bis die Landesplanung neu aufgestellt ist – laut Ziel bis 2017. „Ein Beben“ – so hatte es auch Dr. Punke empfunden – ging vor wenigen Wochen noch einmal durch die Branche, als klar wurde, dass selbst Anträge auf Repowering, also das Ersetzen alter Windenergieanlagen durch neue, dabei wie Anträge auf Neubau behandelt werden.

„Dadurch sind Bestandsanlagen vom Repowering ausgeschlossen, wenn sie außerhalb der neu zu definierenden Vorranggebiete für Windkraftanlagen liegen oder nicht den aktuellen Abstandregeln entsprechen“, erklärte der Jurist. Es sei juristische Phantasie nötig, um Regelungen zu finden, die ein Repowering in Zukunft auch dort möglich machten, wo es nicht der Landesplanung entspreche. Einer Klage gegen das Ausbau-Moratorium räumt er jedoch wenig Chancen ein: „Uns läuft die Zeit davon – ein Normenkontrollverfahren dauert in den Regel erstinstanzlich anderthalb Jahre.“

Über 100 Windkraft-Unternehmen aus Norddeutschland sind Mitglieder im windcomm schleswig-holstein e. V., von Anlagenherstellern über Zulieferer bis hin zu Planern, der Finanzierungsbranche und weiteren Dienstleistern. 60 Firmenvertreter waren zur Mitgliederversammlung nach Husum gekommen. Als Vorstand wurden Asmus Thomsen (Vorsitz) von der VR Bank Niebüll und Volker Köhne vom Zertifizierungsbetrieb DNV GL (stellvertretender Vorsitz) wiedergewählt. Drittes Vorstandsmitglied ist Kristian Hamel von der Wirtschaftsförderungs- und Technologietransfergesellschaft Schleswig-Holstein (WTSH).

Köhne und Thomsen freuen sich auf die neue Amtszeit und machten wichtige Zukunftsthemen für die Windbranche deutlich. „Wir werden uns verstärkt um den Netzausbau kümmern müssen“, gibt Thomsen zu bedenken. „Wenn der Strom nicht abtransportiert werden kann, werden wir die Akzeptanz bei den Bürgern verlieren. Darum werden wir den Dialog mit der Bundesnetzagentur suchen, um den Ausbau der Südtrassen voranzutreiben. Schleswig-Holstein ist bei den Planverfahren und der Bürgerbeteiligung Vorbild.“

Volker Köhne betont die zunehmende Bedeutung der Internationalisierung in der Windbranche. „Wenn wir in Deutschland ausgebremst werden, müssen auch kleinere Unternehmen sich neue Märkte suchen. Hierbei wollen wir unseren Mitgliedern mit neuen Angeboten helfen“, so Köhne.

Quelle: windcomm schleswig-holstein e. V.
www.windcomm.de

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