Von den Nachbarn lernen: Akzeptanzmodell Dänemark?

Wie lässt sich die Akzeptanz der Windenergienutzung fördern? In der Frage gilt das Nachbarland Dänemark als das Vorbild der Energiewende in Europa. Worüber in Deutschland derzeit viel diskutiert wird, informiert ein neues Hintergrundpapier der Stiftung Umweltenergierecht. Es stellt die dänischen akzeptanzfördernden Maßnahmen erstmals umfassend auf Basis der Originalrechtstexte vor und vergleicht die Regelungen mit deutschem Recht.

Dänemark gilt als das Vorbild der Energiewende in Europa schlechthin. Bereits Mitte der 1980er Jahre haben die Nachbarn im Norden mit der Transformation ihrer Energieversorgung begonnen. Seit 1990 hat sich allein die Windenergienutzung verzehnfacht. Im letzten Jahr haben die dänischen Windenergieanlagen nach Angaben des dänischen Energieministeriums mehr als 43 Prozent des landesweiten Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt. Obwohl der Windstrom einen stetig wachsenden Anteil an der dänischen Stromversorgung hat, ist die Anzahl der Windenergieanlagen nicht gestiegen. Heute stehen infolge des Repowerings und Offshore-Ausbaus rund 20 Prozent weniger Anlagen im Land als im Jahr 2001, als die Zahl der Anlagen ihren Höhepunkt erreichte. Wie auch in Deutschland ist die Windenergienutzung in Dänemark nicht gleichmäßig über das ganze Land verteilt, sondern konzentriert sich auf besonders windreiche Regionen, vor allem an der der Nordsee zugewandten Westküste: Im Jahr 2015 wurde auf dem Gebiet von nur zehn Gemeinden gut die Hälfte des dänischen Windstroms erzeugt. Die Häufung der weithin sichtbaren Anlagen stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung in der Bevölkerung. Zu den Vorbehalten zählen neben den Eingriffen in das Landschaftsbild auch gesundheitliche Aspekte oder die Sorge vor einem Wertverlust von Immobilien.

Um Lasten und Nutzen der Windenergienutzung auszugleichen, hat der dänische Gesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen rechtlich verankert, die die Akzeptanz vor Ort fördern sollen. In Deutschland wird in der Debatte um die Beteiligungsmöglichkeiten an den Planungsverfahren und wirtschaftliche Teilhabemodelle immer wieder auf das dänische Vorbild verwiesen. Die Stiftung Umweltenergierecht hat die dänischen gesetzlichen Regelungen zur Akzeptanzverbesserung erstmals umfassend auf Basis der Originalrechtstexte analysiert, die Verfahrenswege beschrieben und in einem Hintergrundpapier mit deutschem Recht verglichen.

Genauer sind es vier Regelungen, die der dänische Gesetzgeber im Gesetz zur Förderung von erneuerbarer Energie (VE-lov) zur Förderung der Akzeptanz festgeschrieben hat. Das VE-lov, das Pendant zum deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), hat im Jahr 2008 erstmals bestehende Vorschriften zum Ausbau erneuerbarer Energien zusammengeführt und novelliert. Die darin enthaltenen Regelungen unterscheiden sich in ihrer Zielstellung grob in proaktive, also fördernde Maßnahmen, und in die Schaffung eines Ausgleichs. Zudem sprechen sie einen unterschiedlichen Kreis von Begünstigten an. Die Regelungen zum Wertverlust von Immobilien durch Ausgleichsansprüche an den Projektierer und zur Beteiligung durch Miteigentümerschaft an Windenergieanlagen stellen auf Einzelpersonen ab. Die sogenannte „Grüne Regelung“ sieht Kompensationszahlungen für landschaftsgestaltende Maßnahmen oder soziale, kulturelle und informative Aktivitäten vor Ort vor. Sie sollen der gesamten Gemeinde zu Gute kommen. Die vierte Regelung, ein sogenannter Garantiefond, zielt auf die Förderung der bürgergetragenen Vorhaben beim Ausbau der Windenergie ab. Lokale Bürgervereinigungen oder Energiegenossenschaften, die Bürgerwindprojekte planen, werden durch die Vergabe von Bürgschaften unterstützt. Damit sollen sie leichter einen Kredit zur Finanzierung der Voruntersuchung erhalten, in deren Rahmen Anlagenstandorte ermittelt, die UVP-Prüfung vorbereitet sowie technische und finanzielle Vorfragen geklärt werden.

Die Studie stellt jede der vier Regelungen vor, zeichnet die Verfahrenswege nach, erläutert ihre Wirkungsweise sowie ihre Finanzierung und beschreibt die juristischen Möglichkeiten, gegen eine Maßnahme juristisch vorzugehen. Zielstellungen, Umsetzungserfahrungen und Hemmnisse werden vergleichend diskutiert. Schließlich widmet sich die Studie einem detaillierten Vergleich der dänischen Regelungen mit deutschem Recht auf Bundes- und Landesebene. Ähnlichkeiten und mögliche Übertragungen in den hiesigen Gesetzesrahmen werden betrachtet und überlegt, inwieweit einzelne dänische Regelungen Vorbild für deutsche Akzeptanzmaßnahmen sein könnten.

„Das deutsche Recht kennt keinen Katalog an Rechtsnormen, die in derartiger Kompaktheit die Steigerung von Akzeptanz eines planungsrechtlich zulässigen Windkraftprojektes als alleiniges Ziel bezwecken“, sagt Studienautorin Anna Papke. Teilweise fänden sich aber auf Bundes- und Landesebene Regelungen, die dem dänischen Recht durchaus nahekommen – etwa das Mecklenburg-Vorpommersche Bürger- und Beteiligungsgesetz, das aber abweichend vom dänischen Vorbild eine Beteiligung und ein stärkeres Mitspracherecht der Anrainergemeinden von Windenergieanlagen vorsieht. Mit dem deutschen Recht schwer vereinbar sei dagegen die dänische Regelung zum Wertverlust von Immobilien im Umfeld von Windenergieanlagen. Eine solche Kompensation stünde nicht nur im Widerspruch zum deutschen Immissionsschutzgesetz, das einen vorbeugenden Schutz sicherstellt, argumentiert Papke. Auch könnten gegen Genehmigungen, die in einem förmlichen Verfahren ergangen sind, nach deutschem Recht nicht privatrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Andere dänische Regelungen hingegen, wie etwa die „Grüne Regelung“ oder der Garantiefonds zur Förderung der Bürgerenergie, lägen dem deutschen Recht nicht so fern.

Die Studie ist ein Teilergebnis eines mehrjährigen rechtswissenschaftlichen Forschungsprojekts der Stiftung Umweltenergierecht, das sich mit der Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen an Land in Deutschland beschäftigt hat. Ziel des WindPlan-Projekts war es, das Zusammenwirken der vielfältigen rechtlichen Vorgaben für die Windenergienutzung zu analysieren und Optimierungspotenziale zu benennen. Ein Teilbereich der Forschung widmete sich der Akzeptanz für Windenergie. Weitere Forschungsergebnisse zu Akzeptanzmaßnahmen für Windenergie sind zwei weitere Studien, die zum einen die verschiedenen Mechanismen zur finanziellen Teilhabe aus rechtlicher Sicht vorstellen und zum anderen die verfassungsrechtlichen Fragen des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern diskutieren. Das Windplan-Forschungsprojekt ist jetzt um eine zweite Förderphase verlängert worden.

Weiterführende Informationen:

Stiftung Umweltenergierecht (2018): Die Regelungen zur Förderung der Akzeptanz von Windkraft in Dänemark, Würzburger Studien zum Umweltenergierecht Nr. 32, März 2018

Quelle: www.energiedialog.nrw.de, 5.7.2018